Ist es Zeit für eine Bahnreform 2.0?

Die Bahn in Deutschland hat schon einige Umstrukturierungen durchlebt. Im Jahr 1994 wurden mithilfe einer ersten Bahnreform die Bundesbahn im Westen Deutschlands und die Reichsbahn im Osten zusammen gelegt zur privat organisierten Deutsche Bahn AG. Die Reform sorgte außerdem für eine Entschuldung der Bahn, denn diese hatte noch im Jahr 1993 Schulden von rund 34 Milliarden Euro.

© Stuttgarter Zeitung

Seitdem befördert die Deutsche Bahn jährlich bis zu 2,9 Milliarden Menschen (Stand 2019). Jedoch kommt es neben der Euphorie über ein klimafreundliches Verkehrsmittel immer wieder zu Verärgerung über die Anbindungen sowie die Pünktlichkeit der Züge. Um die Bahn besser für die Zukunft aufzustellen, sind Veränderungen im „Masterplan Schienenverkehr“ von 2020 festgeschrieben. Zusammengefasst will die Deutsche Bahn mit mehr Pünktlichkeit, Leistung und Zuverlässigkeit punkten. Damit kommen die Bahnvertreter den Forderungen aus Politik und Gesellschaft entgegen. Der Klimaschutz soll im Vordergrund stehen, Bahntickets günstiger werden, die Nutzung von Bahn-Services digitalisiert werden und die bestehenden Schulden abgebaut werden.

Ein wichtiger Begriff, der im Zusammenhang mit einer Bahnreform steht, ist die Einführung des Deutschlandtaktes. Dieser beinhaltet einen abgestimmten Regional- und Fernverkehr und zuverlässige Anschlüsse.

Da bisher kaum eine Verbesserung der genannten Probleme der Deutschen Bahn wahrgenommen werden konnte, fordern mehrere Organisationen und Verbände noch härtere Maßnahmen. Da die Bahn sowohl die Züge und das Schienennetz betreibt als auch für den Ausbau der Infrastruktur verantwortlich ist, gäbe es einen Interessenkonflikt. Die Lösung soll in der Aufspaltung des Bahn-Konzerns liegen, wie es BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuletzt forderten. In einem Positionspapier argumentierten sie dafür, dass die Deutsche Bahn in eine Anstalt des öffentlichen Rechts überführt wird. In abgeschwächter Form fordern auch Verbraucherschützer, die Bahn-Konkurrenten, die Bauindustrie und die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) eine Reform der Schiene. Besonders die GDL wünscht sich einen Neuanfang in der Bahnpolitik. Dieser soll eine Trennung von Netz und Betrieb der Züge beinhalten. Zusätzlich soll der Staat für die Infrastruktur zuständig sein. Die FDP wiederum will die involvierten Unternehmen privatisieren.

Auf der anderen Seite steht die Deutsche Bahn mit ihrem Argument, dass eine Aufspaltung der Bahn sehr komplex sei und mehrere Jahre dauern könnte. Diese Ressourcen fehlen dann für Maßnahmen des Klimaschutzes. Als Hauptgrund für die unzureichende Leistung sieht die Deutsche Bahn ihre Unterfinanzierung. Die SPD ist ebenfalls gegen eine Aufteilung des Konzerns aus klimapolitischen Gründen. „Eine Zerschlagung als Neuanfang schönzureden ist schlichtweg falsch und unlauter“, sagte Fraktionsvize Sören Bartol.

Eine schnelle Antwort auf die Frage, ob der Bahn-Konzern aufgeteilt werden muss, ist nicht in Sicht. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Parteien einer neuen Legislaturperiode ab September 2021 zu diesem Thema positionieren. Die CDU, DIE LINKE und die AfD haben sich bisher nicht einheitlich dazu geäußert.

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